Von anonymen Plakataktionen bis Fischknusperli: So kreativ wird in Wil Wahlkampf geführt

Wiler Stadtrat: So führen die Parteien ihren Wahlkampf (tagblatt.ch)

Tagblatt, Alain Rutishauser

Am 22. September stehen die Wahlen für den Wiler Stadtrat an. Für fünf Sitze gibt es acht Kandidaten. Einer davon, Sebastian Koller (Grüne), hat mit einer anonymen Plakataktion von sich reden gemacht. Neben ihm hat es drei weitere neue Namen. Wie führen sie Wahlkampf?

Lange wurde gerätselt, was es mit der Plakataktion «Wil Cha Meh» in der Äbtestadt auf sich hat, die in den letzten gut zwei Wochen lief. Die Urheber hielten sich bis zuletzt bedeckt. Nun ist klar: Hinter den Plakaten steckt Grüne-Stadtparlamentarier Sebastian Koller, der bei den anstehenden Wahlen vom 22. September auf einen der fünf Sitze im Stadtrat schielt.

Als Grund, warum die Aktion anonym durchgeführt wurde, gibt Koller an, dass eine der Herausforderungen in einem Wahlkampf sei, über das eigene Lager hinaus Stimmen zu mobilisieren. Koller sagt auf Anfrage: «Als Stadtrat muss ich für die gesamte Bevölkerung da sein, nicht nur für die grüne Wählerschaft. Die Aktion ‹Wil Cha Meh› war sehr offen und niederschwellig. Durch die Anonymität wurde niemand abgeschreckt.» Koller gibt an, dass selbst in seiner eigenen Partei Grüne Prowil nicht alle wussten, dass er hinter «Wil Cha Meh» stecke.

Nun wird Koller die Eingaben und Ideen von der Website sammeln und an einer Veranstaltung am 17. September als Abschluss seines Wahlkampfs präsentieren. Koller fügt an: «Auch der Stadtpräsident hat Interesse an den Ergebnissen von ‹Wil Cha Meh› bekundet. Dieses konstruktive Signal hat mich sehr gefreut.»

Nach eigenen Angaben wird Koller den eigentlichen Wahlkampf etwas klassischer angehen. Nebst Flyern und Plakaten sind auch einige Anlässe geplant, so beispielsweise ein Bocciaturnier am Wiler Weier, das am 5. September stattfinden soll. «Ausserdem plane ich drei Quartierspaziergänge, um mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen», sagt Koller. So sind Spaziergänge im Lindenhof sowie im Süd- und Westquartier angedacht.

Hüssy erwartet spannenden Kampf um Stadtpräsidium

Ebenfalls ein neues Gesicht im Wahlkampf ist Andreas Hüssy (SVP), der Hans Mäder seinen Titel als Stadtpräsident streitig machen will. Die «Wil Cha Meh»-Aktion findet Hüssy durchaus gelungen: «Ich halte es für ein gutes Mittel, bei der Bevölkerung abzuholen, wo der Schuh drückt.» Durch die Aktion habe Sebastian Koller Spannung aufgebaut in der Bevölkerung. Man habe gewerweisst, wer hinter der Aktion stecken könnte. Hüssy sagt: «Mit dem Entscheid, anonym zu bleiben, hat man vermutlich mehr Leute erreicht, als wenn von Anfang an klar gewesen wäre, dass die Plakate von den Grünen stammen.»

Hüssy wird mit Standaktionen in der Fussgängerzone, Zeitungsinseraten sowie Plakaten im Kino oder Parkhaus auf sich und sein Vorhaben aufmerksam machen. «Die wilde Strassenplakatierung mit Köpfen versuchen wir zu reduzieren», sagt Hüssy.

Inwiefern auch die E-City-App-Affäre eine Rolle in seinem Wahlkampf spielen wird, hängt laut Hüssy davon ab, was die Ermittlungen gegen Stadtpräsident Hans Mäder ergeben werden. Im Juni gingen zwei Strafanzeigen wegen Amtsmissbrauchs gegen Mäder ein. Hüssy sagt: «Die vorgefallenen Dinge haben einen gewissen Unmut in der Bevölkerung hinterlassen. Daher erwarte ich einen spannenden Wahlkampf um das Stadtpräsidium.»

Gratis Fischknusperli für die Wiler Bevölkerung

Auch Cornelia Kunz (FDP) bewirbt sich neu für den Stadtrat. Von Kollers Plakataktion mitsamt Website habe sie Kenntnis, aber keine Meinung dazu. «Das ist seine Sache», sagt Kunz auf Anfrage knapp. Ihren Wahlkampf gestalte sie «konventioneller», wie sie sagt. Mit Plakaten, die am kommenden Samstag bestellt werden, Flyern sowie Standaktionen in Wil.

Ausserdem wird Cornelia Kunz am Samstag, 31. August, einen grösseren Event mit Festzelt an der Oberen Bahnhofstrasse in Wil veranstalten. Dort wird sie der Bevölkerung mit ihrer Mutter zusammen Fischknusperli anbieten. «Ich bin in einem Restaurant in Uttwil am Bodensee aufgewachsen. Dort waren Fischknusperli unsere Spezialität», sagt Kunz.

Sie rechnet sich reelle Chancen aus, in den Wiler Stadtrat zu kommen. «Ich bringe einiges an Erfahrung und Führungskompetenz mit, um im Stadtrat zu bestehen», sagt Kunz, rechnet allerdings aufgrund der Anzahl Kandidierenden damit, dass es einen zweiten Wahlgang geben wird.

SP und Grüne spannen im Wahlkampf zusammen

Und schliesslich tritt auch Manuel Nick (SP) erstmals für einen Sitz im Stadtrat an. «Das Ziel der SP ist klar, den Sitz von Dario Sulzer zu verteidigen», sagt Nick auf Anfrage und fügt an: «In den letzten zwölf Jahren hat sich gezeigt, dass Wil einen SP-Stadtrat braucht.»

Nick habe vermutet, dass Grüne-Stadtparlamentarier Sebastian Koller hinter der «Wil Cha Meh»-Aktion stecken könnte. «Die Themen, über die man abstimmen konnte, hatten ja durchaus einen grünen Anstrich», sagt Nick, gibt aber an, sich ebenfalls mit vielen dieser Themen – Nachhaltigkeit, Mobilität, Kultur – identifizieren zu können.

So macht es nur Sinn, dass Nick und Koller für den Wahlkampf zusammenspannen. Gemäss «Wil Cha Meh»-Website werden die beiden Stadtratskandidaten am Montag, 2. September, gemeinsam an einem Stadtspaziergang teilnehmen. Klaut man sich so nicht gegenseitig Wählerstimmen weg? Nick antwortet: «Für einen ersten Wahlgang ist es sicher ein gutes Vorgehen, wenn wir uns gegenseitig empfehlen. Das haben die beiden Parteien so beschlossen.» Auch Manuel Nick geht stark von einem zweiten Wahlgang aus.

Präsident SVP Stadt Wil Stadtparlamentarier Mitglied Werkskommission
Andreas

Andreas Hüssy