Tagblatt, Michael Nittnaus
Neue Zahlen zeigen, wie sich Wils Steuereinnahmen zusammensetzen. SVP-Präsident Andreas Hüssy sieht sich bestätigt, dass die geplante Steuererhöhung 2026 gefährlich sein könnte.
Es sind eindrückliche Zahlen, die nun auf dem Tisch liegen. Und sie bestätigen, was die Fraktion der Wiler SVP im Stadtparlament immer betont, wenn es ums Thema Steuererhöhungen geht: «Wir wollten aufzeigen, wie wichtig es ist, den wenigen Steuerzahlenden Sorge zu tragen, die den Grossteil der Steuereinnahmen Wils beisteuern. Nun haben wir die Datenbasis dafür», sagt Andreas Hüssy auf Anfrage.
Der Präsident der städtischen SVP hatte im Januar eine Interpellation eingereicht. Die Kernaussage darin: «Der hohe Steuerfuss unserer Stadt birgt weiterhin die Gefahr, dass gut verdienende Steuerzahler in umliegende Gemeinden oder andere wirtschaftsstarke Regionen abwandern.» Der Stadtrat sollte daher aufzeigen, wie das Wiler Steuersubstrat zusammengesetzt ist und wie es sich seit 2020 entwickelt hat. Nur mit solch einer regelmässigen Analyse könnte die Problematik rechtzeitig erkannt und könnten Massnahmen ergriffen werden.
Wie gross ist das Wiler Klumpenrisiko?
Nun liegt die Antwort des Stadtrats vor. Unter anderem zeigt sie auf, wie viel Prozent der Einkommens- und Vermögenssteuern natürlicher Personen von einem gewissen Anteil der Steuerpflichtigen getragen wird. Die besten 10 Prozent der Wiler Steuerzahlenden (rund 1650 Personen) steuerten 2024 demnach 48 Prozent der Steuereinnahmen bei. Erweitert man den Kreis auf die besten 25 Prozent, stammen bereits über 70 Prozent der Einnahmen von ihnen. Und die Hälfte aller knapp 16’500 Steuerpflichtigen liefert über 90 Prozent der Steuereinnahmen der Stadt ab.

Hüssy sieht in diesen Zahlen ein gewisses Klumpenrisiko und fragt: «Was passiert, wenn gewisse Personen aus den oberen 10 Prozent wegziehen, weil sie plötzlich höher besteuert werden?» Diese Sorge kommt nicht von ungefähr. Schon bei der Präsentation des Wiler Budgets 2025 im vergangenen Herbst kündigte der Stadtrat an, per 2026 eine Erhöhung des Steuerfusses um 6 Prozentpunkte auf neu 121 Prozent beantragen zu wollen. Dies, nachdem das Wiler Stimmvolk im April 2024 den Steuerfuss erst gerade um 3 Prozentpunkte auf 115 Prozent gesenkt hatte.
Was der SVP-Politiker aber auch anerkennt, ist, dass die Anteile, die 10, 25 oder 50 Prozent der Steuerpflichtigen beitrugen, in den letzten fünf Jahren konstant geblieben sind. «Daraus schliesse ich, dass man am besten nicht viel am Steuerfuss ändert und ihn jetzt sicher nicht erhöht.» Wie gross das Klumpenrisiko für Wil tatsächlich ist, sei leider schwer einzuschätzen, so Hüssy, da der Stadtrat keine Vergleiche mit anderen Städten wie St.Gallen oder Rapperswil liefert.
Der Stadtrat irritiert mit einer Aussage
Was die neuen Zahlen auch zeigen: 2264 Wilerinnen und Wiler zahlten im vergangenen Jahr keine Steuern. Das entspricht 13,8 Prozent. Hier sieht Hüssy eine leicht steigende Tendenz, waren es 2023 doch noch 2063 Personen oder 12,6 Prozent. Eine Erklärung des Stadtrats fehlt in der Antwort. So sei es schwierig zu interpretieren. «Bei einkommensschwachen Familien verstehe ich die Steuerbefreiung. Bei Leuten, die eigentlich arbeiten könnten, eher weniger», sagt Hüssy.

Wenn der Fokus nicht nur auf die oberen 10 Prozent der Steuerzahlenden gerichtet wird, sondern auf die absolute Spitze der Top 50 der Einzelpersonen, hat die Abhängigkeit Wils im Vergleich zu den beiden Vorjahren leicht zugenommen: Trugen die Top 50 vorher knapp 9,5 Prozent der laufenden Steuern bei, waren es 2024 10,4 Prozent. In absoluten Zahlen sind dies 6 Millionen von total 57,5 Millionen Franken. «Mit dieser Abhängigkeit müssen wir umgehen», so Hüssy nüchtern.

Was ihn aber irritiert, ist folgende schriftliche Anmerkung des Stadtrates: «Wegzüge von Personen mit hohem Steueraufkommen ziehen nicht zwingend per se sinkende Steuereinnahmen nach sich.» Für Hüssy ist dies schlicht ein Widerspruch: «Natürlich verliert die Stadt Steuereinnahmen, wenn ein guter Steuerzahler wegfällt. Das soll mir der Stadtrat bitte noch erklären.»
Grosse Schwankungen bei den Top-20-Firmen
Die meisten Mehrjahresvergleiche, die der Stadtrat in seiner Interpellationsantwort liefert, weisen relativ geringe Schwankungen auf. Nicht so bei der Statistik der Top 20 jener Unternehmen, die am meisten Steuern abliefern: 2024 zahlten sie 4,7 Millionen Franken Kapital- und Gewinnsteuern, was 49,3 Prozent der total 9,6 Millionen Franken Steuereinnahmen in diesem Bereich waren, die von insgesamt 832 juristischen Personen stammen.

2023 lieferten die Top 20 aber satte 9,2 Millionen Franken oder 63,3 Prozent von 14,5 Millionen ab. Hüssy: «Das kann 2023 natürlich ein Ausreisser gewesen sein, doch es löst Fragen aus, ob ein grosser Fisch seither weggezogen ist oder ob die Unternehmen 2024 schlicht schlechter gewirtschaftet haben.» Auch 2020 und 2022 waren die Top 20 für rund 60 Prozent der Einnahmen verantwortlich. Sorgen, dass in Bälde weitere Unternehmen Wil verlassen könnten, versucht der Stadtrat zu beruhigen, indem er schreibt: «Die Informationen, die dem Stadtrat vorliegen, deuten nicht darauf hin, dass grosse Unternehmen einen Wegzug aus Wil ins Auge fassen.»
Auch dazu hätte Andreas Hüssy gerne mehr gewusst: «Woher kommen diese Informationen und wie nahe ist der Stadtrat am Gewerbe wirklich dran, dass er zu so einem Schluss kommt?» Sobald die Interpellation ins Stadtparlament kommt, möchte der SVP-Präsident nachhaken.
Doch schon so zeigt er sich zufrieden mit der Datenbasis. Hüssy macht kein Geheimnis daraus, wofür er die Zahlen verwenden möchte: «Ich sehe es als unsere Aufgabe an, eventuelle politische Aktivitäten der SVP auf diese Grundlage auszurichten. Sie liefert uns beispielsweise gute Argumente, um gegen die Steuererhöhung, die für nächstes Jahr im Raum steht, vorzugehen.»