Jochen Tempelmann, Wiler Zeitung
Gewalt bei Verhaftungen in Wil: SVP sieht Handlungsbedarf (tagblatt.ch)
Nach den jüngsten Zwischenfällen verleiht SVP-Stadtpolitiker Marco Albrecht seinen Forderungen nach Sofortmassnahmen Nachdruck. Am Bahnhof geschehe nun einmal, was an städtischen Bahnhöfen nun einmal geschehe, sagt die Polizei.
Der Frühling ist da: Die Kastanien der Wiler Allee sind üppig belaubt. Erste weisse Sprenkel in den Baumkronen kündigen an, dass die untere Bahnhofstrasse bald in Blüte stehen wird. Am Dienstagmittag geniessen verschiedenste Menschen das Frühlingswetter auf den Bänken.
In den vergangenen Nächten dürfte die Szenerie ganz anders gewirkt haben. Gleich zweimal wurden Polizisten bei der Verhaftung auffälliger Personen in der Allee und auf dem Bahnhofvorplatz tätlich angegriffen und leicht verletzt, wie diese Zeitung berichtete. Drogenkonsum, Littering, Randständige: Schon seit längerem diskutiert die Politik über die Problemzone beim Bahnhof. SVP-Stadtpolitiker Marco Albrecht sieht sich in seiner Kritik an der Situation bestätigt. Beschwichtigend äussert sich hingegen ausgerechnet die Kantonspolizei.
SVP beschäftigt sich mit Situation
Marco Albrecht hatte die Situation im November ins Stadtparlament getragen. In einer Interpellation fragte er, wie der Stadtrat die Situation verbessern wolle. Dieser antwortete Anfang Januar, dass er sich der problematischen Situation bewusst sei. Er setzte eine Arbeitsgruppe ein, die sich mit der Situation beschäftigen soll. Bislang liegen keine Ergebnisse der Arbeitsgruppe vor.
Albrecht hatte zudem Sofortmassnahmen gefordert. Diese beschränken sich aber auf eine Verbesserung der Beleuchtung beim WC-Häuschen. Der SVP-Politiker sagt:
«Die aktuellen Ereignisse zeigen mir deutlich, dass es weitere Sofortmassnahmen braucht.»
Albrecht hätte bereits einen Vorschlag, wo man mit Massnahmen ansetzen könnte. Die Stadt gebe bereits viel Geld für Sicherheit aus. «Ein grosser Budgetposten ist dabei die Überwachung des ruhenden Verkehrs. Der ist meiner Meinung nach nicht gefährlich.» Würde ein Teil dieser Kapazitäten umgewidmet, würde die Situation sicherer. «Sicherheitspolizeiliche Aufgaben sollten Vorrang haben.»
Kantonspolizei kontert Sicherheitsbedenken
Florian Schneider, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen, sieht die Lage anders als Albrecht. Der Bahnhof ist ein Verkehrsknotenpunkt von überregionaler Bedeutung. Dass nicht nur Pendlerinnen und Pendler den Bahnhof frequentieren, sei in Wil gleich wie andernorts.
«Die Sicherheitslage am Bahnhof Wil zeigt sich nicht anders als an anderen Bahnhöfen von Orten vergleichbarer Grösse.»
Die Kantonspolizei ist nach wie vor mehrmals täglich im Bahnhofareal präsent, führt Personenkontrollen durch und spricht bei Bedarf Wegweisungen aus. Die beiden jüngsten Fälle mit leicht verletzten Polizisten seien zwei unabhängige Ereignisse gewesen. Mediensprecher Schneider sagt: «Sie hätten sich auch an einem anderen Ort zutragen können.»
Akuten Handlungsbedarf sieht die Kantonspolizei nicht – weder bei sich selbst, noch seitens der Stadt. Beide seien nicht in der Lage, soziale Phänomene zu ändern. «Wenn die Polizei vermehrt präventiv in Erscheinung treten soll, kann dies nur durch mehr Einsatzkräfte oder den Abbau von anderen polizeilichen Leistungen bewerkstelligt werden», sagt Schneider.
Marco Albrecht bestätigt, dass die Stadt in den vergangenen Jahren urbaner geworden ist. Er lobt zwar den Einsatz der Polizisten, hat aber kein Verständnis für die Aussagen ihres Mediensprechers. «Schade, dass die Polizei sich nicht vor ihre Mitarbeiter stellt», sagt er.
Langfristige Entschärfung durch Aufwertung
Der Stadtrat erklärte aber bereits in seiner Antwort auf die Interpellation, dass die Allee auch Bestandteil der «Aufwertung Stadtraum Bahnhof Wil» sei. Die Allee soll als offene, chaussierte Promenade gestaltet und der Strassenraum aufgewertet werden. Insgesamt werde damit die Aufenthaltsqualität im Gebiet wesentlich verbessert, erklärte der Stadtrat.
Bis dahin dürfte es jedoch noch dauern: Vergangene Woche gab die Wiler Parkhaus AG bekannt, dass sie sich aus dem Projekt zurückzieht. Bisherige Planungen hatten einen Ausbau des Parkhauses am Bahnhof miteinbezogen. Stadträtin Ursula Egli sagte, dass es deswegen beim Aufwertungs-Projekt zu Verzögerungen komme. Wann das Projekt und die damit verbundene Entschärfung der Situation umgesetzt werden, ist derzeit offen.
