Berichte von aggressiver Stimmung, einem Klima der Angst und Hinweise auf Drogenhandel: Das Oberstufenschulhaus Lindenhof Wil im Fokus

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Gabriela Hagen, Wiler Zeitung

Die SVP Fraktion Wil macht Druck auf die Politik und fordert mit ihrem Vorstoss im Stadtparlament Antworten zur Situation im Lindenhofschulhaus. Sie wirft der Exekutive vor, die Lage falsch einzuschätzen oder zu beschönigen.

Von einem Klima der Angst, respektlosem Verhalten Schülerinnen und weiblichen Lehrpersonen gegenüber, Einschüchterungen, sogar von Hinweisen auf Drogenhandel auf dem Schulareal ist die Rede. Die Wortwahl der Interpellation von Marco Albrecht, Stadtparlamentarier der SVP-Fraktion Wil, ist drastisch. «Aggressives Schulklima im Lindenhof», lautet die Interpellation, die Albrecht Ende November eingereicht hat.

Der Vorstoss von Albrecht ist nicht der Einzige zum Thema «Gewalterfahrungen an Wiler Schulen». Bereits im Frühling hatte SP-Stadtparlamentarier Mathias Schlegel die Interpellation «Unterstützung von Lehrpersonen und Schulleitungen in der Stadt Wil» eingereicht. Grund für seinen Vorstoss war eine Studie des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) aus dem Jahr 2020, die ergab, dass in den letzten fünf Jahren zwei von drei Lehrpersonen bei ihrer Arbeit Gewalt erlebt haben. Dies in Form von Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen oder Einschüchterungen.

Studienergebnisse werfen Fragen auf

Mathias Schlegel war 26 Jahre lang Schulleiter der Oberstufe Lindenhof, er kennt den Schulbetrieb bestens. Basierend auf den Ergebnissen der von dem Dachverband in Auftrag gegebenen Studie formulierte er drei Fragen an den Stadtrat Wil. Er wollte zum einen wissen, wie viele Lehrpersonen in Wiler Schulen Gewalt erlebt hätten, ob aufgrund solcher Vorkommnisse Lehrpersonen gekündigt hätten und ob der Stadtrat Handlungsbedarf sehe, um ein gewaltfreies Schulklima sicherzustellen.

Die Antworten des Stadtrates zwei Monate später lauteten «Jein, Nein und Nein». Es habe in Wil Fälle von verbaler Gewalt gegenüber Lehrpersonen gegeben, man habe keine Kenntnis davon, dass Lehrpersonen wegen solcher Ereignisse gekündigt hätten, bezüglich gewaltfreiem Schulklima könnten sich betroffene Lehrpersonen an eine Anlaufstelle wenden.

«Ausweichende» Antworten des Stadtrates 

SVP-Stadtparlamentarier Marco Albrecht stört sich an den Antworten des Stadtrates auf den SP-Vorstoss, er bezeichnet sie als «ausweichend». Die Exekutive beantworte die Fragen sehr allgemein, was den Schluss zulasse, dass die Situation an den städtischen Schulen entweder falsch eingeschätzt oder beschönigt werde.

Albrecht führt in seinem Vorstoss aus, dass verschiedene Personen von Vorfällen im Lindenhofschulhaus berichtet hätten, die ihre Kinder direkt erlebt oder von denen sie gehört hätten. Demnach herrsche in einigen Klassen eine latent aggressive Stimmung, die von Rädelsführern geschürt werde, deren respektloses Verhalten sich besonders gegen Schülerinnen und jüngere Lehrerinnen richte. Zudem herrsche in einigen Klassen ein Angstklima, das durch Einschüchterungen verursacht werde. Hinweise auf Drogenhandel auf dem Schulareal gebe es ebenfalls.

Frauen würden als minderwertig angesehen

Auf Nachfrage wird der SVP-Politiker konkreter: Es gebe Schüler, die sich als Boss aufspielten, denen die anderen gehorchen müssten. Schüler, die sich von Lehrerinnen nichts sagen lassen und Frauen als minderwertig ansähen. Albrecht sagt: «Das geht natürlich gar nicht, wenn der Respekt verloren geht.»

SP-Stadtparlamentarier Christof Kälin unterrichtet im Lindenhof und kennt die Umstände im Oberstufenschulhaus. Auf Anfrage teilt Kälin mit, dass sich die Schule zurzeit nicht zum Vorstoss äussern wolle, und verweist auf das Departement für Bildung und Sport. Dieses spielt den Ball weiter zur Kommunikationsstelle der Stadt Wil. Der dort zuständige Leiter beruft sich auf das Erstinformationsrecht des Stadtparlaments. In anderen Worten: Die Stadt äussert sich zurzeit auch nicht zum Thema. 

Der ehemalige Schulleiter Mathias Schlegel sagt, dass er infolge seiner Pensionierung die aktuelle Situation nicht einschätzen könne. Über eine Situation aufgrund «vom Hörensagen» lasse sich keine persönliche Einschätzung bilden. Er hält aber fest, dass es wichtig sei, zukunftsorientierte Lösungen mit Einbezug aller Beteiligten zu suchen.

Mitglied Stadtparlament
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Marco Albrecht