Geduld am Ende beim Haus zum Turm: Die SVP will es für Schulraum nutzen, die FDP fordert den Verkauf

Haus zum Turm in Wil: FDP fordert Verkauf statt Zwischennutzung (tagblatt.ch)

Michael Nittnaus, Wiler Zeitung

Seit Jahren steht die markante Liegenschaft neben der Tonhalle grösstenteils leer. Dass nun die Stadt selbst versucht, eine Zwischennutzung zu entwickeln, kommt nur bei Mitte-Links gut an.

Da nützt auch der schmucke Name und die zentrale Lage an der Tonhallestrasse in der Wiler Vorstadt nichts: Das Haus zum Turm ist schon länger ein Sorgenkind. Seit 2017, als die Feuerwehr an den Stadtrand umzog, befindet sich die Liegenschaft im Besitz der Stadt – und steht seither grösstenteils leer. Lediglich die Obergeschosse werden als temporäre Unterkunft für ukrainische Flüchtlinge genutzt.

Dereinst soll das Haus die neue Heimat der Musikschule werden, dazu noch Wohnungen, verschiedene Kulturangebote, ein Gastrokonzept und öffentliche Begegnungsräume beherbergen. Das Projekt, das der Stadtrat 2021 präsentierte, wird schätzungsweise 15 Millionen Franken kosten und einen Teilabriss mit Neubau beinhalten. Stehen bleiben würden aber zumindest der mittelalterliche Wehrturm und die Stadtmauer auf der Südseite des Gebäudekomplexes.

Stadtrat schweben Pop-Up-Konzerte im Erdgeschoss vor

Bis es so weit ist, ziehen aber noch mindestens fünf Jahre ins Land. Jahre, die Stadtrat und Parlament nicht ungenutzt verstreichen lassen wollen. Zwischennutzung heisst das Zauberwort. Doch es hat längst seine Magie verloren. Im Juli teilte die Stadt mit, dass das Ausschreibeverfahren, mit dem man im ersten Halbjahr eine Betreiberschaft für die Zwischennutzung gesucht hatte, zu keinem Ergebnis geführt habe. Der Stadtrat zog seine Konsequenzen daraus. Mitte September machte er bekannt, dass die Stadt Wil nun selbst ein Projekt für eine Zwischennutzung entwickeln werde.

Während schon länger geplant ist, die oberen Stockwerke temporär der Volkshochschule zu übergeben, sobald dort keine ukrainischen Flüchtlinge mehr untergebracht werden müssen, ist die Knacknuss das Erdgeschoss mit der ehemaligen Feuerwehrfahrzeughalle. In einem ersten Schritt soll es baulich auf Vordermann gebracht werden. Schon 2022 sprach das Stadtparlament für verschiedene Zwecke eine halbe Million Franken.Was dem Stadtrat laut Mitteilung fürs Erdgeschoss vorschwebt: «Pop-up-Konzerte, Fastnachtsveranstaltungen oder andere kulturelle Anlässe.»

FDP und SVP fordern einen Übungsabbruch

Doch was sagen die Wiler Parteien zu den neusten Verzögerungen rund um das Haus zum Turm? Gegenüber dieser Zeitung nehmen sie Stellung. Am kritischsten sind die Freisinnigen. Sie wollten bereits im Frühling 2022 keinen Kredit für die Zwischennutzung oder Sanierung sprechen. Fraktionspräsident Adrian Bachmann fühlt sich nun bestätigt: «Es ist ein Trauerspiel, das uns aber nicht sonderlich überrascht hat.» Das gescheiterte Ausschreibeverfahren zeige, dass das Bedürfnis an einer Zwischennutzung gering sei oder die Rahmenbedingungen der Stadt einer solchen zuwiderlaufen. Die FDP stellt in Frage, ob eine Zwischennutzung weiterhin angestrebt werden solle. Für Bachmann ist klar: «Der Verkauf der Liegenschaft drängt sich geradezu auf.»

Der Versuch einer Zwischennutzung ist auch für SVP-Ortsparteipräsident Andreas Hüssy gescheitert. Er fordert zwar keinen Verkauf, dafür aber eine andere Nutzung: «Ich sage Übungsabbruch. Stattdessen soll man prüfen, ob die Liegenschaft als Schulraum genutzt werden könnte.» Schliesslich werde Schulraum in Wil gesucht, die Lage sei zentral. Sollte es doch auf eine Zwischennutzung hinauslaufen, so wünscht sich Hüssy, dass diese «Einnahmen generiert und dem Steuerzahler und der Steuerzahlerin etwas bringt».

Zu kurz für private Investoren, aber zu lang, um Turm leer zu lassen

Anders sehen es die Fraktionspräsidenten von Mitte, SP und Grüne Prowil. Sie begrüssen, dass die Stadt nun «in die Bresche springt» (Reto Gehrig, Mitte), «die Initiative ergreift» (Christof Kälin, SP) und «das Heft selbst in die Hand nimmt» (Guido Wick, Grüne). Kälin wird am deutlichsten, wenn er sagt: «Ein Übungsabbruch ist für mich undenkbar. Ich glaube an das Potenzial der Liegenschaft zum Wohl der Allgemeinheit.» Dagegen hält Gehrig fest: «Ob es einen Übungsabbruch bei der Zwischennutzung braucht, wird sich noch zeigen.»

Dass es nicht gelungen ist, Private für eine Zwischennutzung zu gewinnen, überrascht Wick nicht. Er sagt: «Ich habe Verständnis dafür, dass Private nicht bereit sind, erhebliche Investitionen und Risiken für eine Zwischennutzung auf sich zu nehmen, die auf wenige Jahre beschränkt bleiben soll. Diese Rahmenbedingung hat sich offensichtlich als kritisch herausgestellt.»

Präsident SVP Stadt Wil Mitglied Stadtparlament Mitglied Geschäftsprüfungskommission
andreas-huessy

Andreas Hüssy