Wiler Zeitung: „Der Handlungsspielraum wird eingeschränkt“: Die Stadt Wil ist gegen ein Regelwerk für die Finanzen

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Sabrina Manser

Die SVP möchte ein sogenanntes Regelwerk in der Gemeindeordnung festschreiben, um die Finanzen der Stadt Wil in den Griff zu kriegen. Der Stadtrat scheint von der Idee wenig begeistert zu sein.

Die Stadt hat mit ihren Finanzen zu kämpfen. Zwar konnte sie für das vergangene Jahr eine Rechnung mit einem weitaus kleineren Defizit präsentieren als veranschlagt, dennoch weist das Budget für das laufende Jahr wieder ein hohes Defizit auf, nämlich über acht Millionen Franken.

Die SVP-Fraktion fordert deshalb, dass ein Regelwerk eingeführt wird, um einen ausgeglichenen Haushalt sicherzustellen. Darüber hinaus soll ein Finanzleitbild mit strategischen Leitplanken geschaffen werden. Eckpunkte darin könnten etwa die erlaubte Dauer eines Defizits sein, Regeln für den Ausgleich der Erfolgsrechnung, Kriterien für ein ausgeglichenes Budget, mögliche Ausnahmen sowie Massnahmen bei einem nicht ausgeglichenen Haushalt.

Der SVP-Stadtparlamentarier, Andreas Hüssy, reichte eine Motion beim Stadtrat ein mit der Forderung, dem Parlament einen entsprechenden Nachtrag zur Gemeindeordnung zu unterbreiten. Der Stadtrat empfiehlt nun aber, die Motion abzulehnen.

Handlungsspielraum würde eingeschränkt

Wie der Stadtrat in seiner Antwort auf die Motion schreibt, gebe es auf kommunaler Ebene kaum gelungene Beispiele für ein solches Regelwerk, beziehungsweise man würde Neuland betreten. Ähnliche Bemühungen etwa in der Stadt Aarau oder in Gemeinden des Kantons Zürich seien ohne Erfolg geblieben. Dies, weil die Bestimmungen die Gemeinden einengten. Die Stadt schreibt:

«Es ist ein schwieriges Unterfangen, die komplexen Abhängigkeiten eines Finanzhaushalts zu regeln, insbesondere auf kommunaler Ebene.»

Stattdessen setze der Stadtrat auf einen mittelfristigen Ausgleich des Haushaltsdefizits und eine massvolle Verschuldung. Er sehe es als beständige Aufgabe, den Gemeindehaushalt mittelfristig auszugleichen. Zudem habe man in den vergangenen Jahren die Verschuldung abgebaut und das Eigenkapital aufgebaut, dies bei gleichzeitiger Reduktion des Steuerfusses um elf Prozent. 

Mit den geforderten Massnahmen würde der Handlungsspielraum mittelfristig eingeschränkt, was dazu führen könne, dass kaum mehr Neuerungen und neue Aufgaben entstehen könnten. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass die Stadt Wil eine nachhaltige Finanzpolitik betreibe. Und gerade bei Regelwerken mit weichen Bestimmungen sei zu hinterfragen, ob diese überhaupt nötig seien.

Entscheidet sich das Parlament dennoch dazu, die Motion als erheblich zu erklären, fordert der Stadtrat die Genehmigung eines Kredits von 50’000 Franken. Dies für die externe Unterstützung zur Ausarbeitung der entsprechenden Grundlagen.

Mehr Handlungsspielraum als bei Schuldenbremse

Überrascht von der Antwort ist Motionär Andreas Hüssy nicht. Die Stadt wolle den Status quo beibehalten. «Es ist klar, dass es mit einem Regelwerk zu gewissen Einschränkungen kommt, sonst müsste man ein solches nicht machen.»

Der Parlamentarier sagt, man habe beim Vorschlag bewusst auf eine Schuldenbremse verzichtet, da diese zu stark einschränke. Mit dem Regelwerk habe man mehr Spielraum. Hüssy sagt:

«Das Korsett ist nicht gleich eng wie bei einer Schuldenbremse.»

Ihm ist bewusst, dass die Stadt mit solch einem Regelwerk Neuland betreten würde. Aber er sieht Handlungsbedarf. «Sieht man sich das Budget der letzten zwei Jahre an, braucht es ein Regelwerk.» Die Stadt habe ein strukturelles Defizit und in den nächsten Jahren stünden grosse Investitionen wie die Umgestaltung des Bahnhofs an. Die Rechnung von letztem Jahr sei dank der Technischen Betriebe Wil (TBW) ausgeglichen. «Mit der Explosion der Preise weiss man nicht, wie der Gewinn der TBW in einem Jahr aussieht.» Zudem habe die Stadt ein Betriebsdefizit.

Eine massvolle Verschuldung zu haben, wie es der Stadtrat schreibt, sei für Hüssy zu ungenau. Es brauche Richtlinien. Er sagt:

«Es ist schade, dass die Stadt diese Chance nicht nutzt.»

Wie es bei der Rechnungspräsentation seitens der Stadt hiess, ist eine Steuererhöhung nicht ganz vom Tisch. «Der Stadtrat macht es sich zu einfach, alles auf die Steuerzahlenden abzuwälzen, anstatt endlich bei der Ausgabenseite anzusetzen», so Hüssy.

Zu den 50’000 Franken, die die Stadt für das Projekt benötigen würde, sagt Hüssy, dass eine externe Hilfe wahrscheinlich nicht schlecht wäre. Aber die Höhe des Betrages müsse der Stadtrat noch genauer erklären.

Präsident SVP Stadt Wil Mitglied Stadtparlament Mitglied Geschäftsprüfungskommission
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Andreas Hüssy