„Es braucht einen Notfalldienst“ – Wiler Nachrichten

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In Flawil soll kein Gesundheits- und Notfallzentrum (GNZ) entstehen, so zumindest will es die St.Galler Regierung. Dieser Verzicht stellt sich gegen den Entschluss des Kantonsrats und der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021. Der Kantonsrat Erwin Böhi (SVP) wehrt sich mit einer Motion.

Flawil Ursprünglich sagte die Regierung, dass an den vier Spitalstandorten Altstätten, Rorschach, Flawil, und Wattwil Gesundheits- und Notfallzentren entstehen sollen. Mit der Vorlage haben sie das Gesundheits- und Notfallzentrum (GNZ) gezeichnet. Es steht so im Gesetz. «Auch in den Abstimmungsunterlagen war immer klar ersichtlich, dass es an den vier Standorten eine Notfallversorgung braucht», sagt SVP-Kantonsrat Erwin Böhi. Im Abstimmungsedikt vom 13. Juni 2021 stand: «In Flawil besteht die Aussicht, dass nebst dem Gesundheits? und Notfallzentrum (GNZ) ein Therapiezentrum aufgebaut wird.» Dass die Regierung nun von den GNZ absieht, kann Böhi nicht nachvollziehen und hat deshalb die Motion «Umsetzung der neuen Spitalstrategie auch im Notfallbereich» lanciert.

Initiative zurückgezogen

Vor vier Jahren gab der Spitalverbund St.Gallen bekannt, dass vier Spitäler schliessen müssen. «Dieser Entscheid sorgte bei der Bevölkerung für reichlich Zündstoff. Ich war an zwei Infoveranstaltungen dabei und erlebte, dass die ebenfalls anwesende Regierung dafür mit Pfiffen bedacht wurde», sagt Böhi. Die Regierung sei mit ihren Begründungen zu den Schliessungen unter Druck geraten, habe aber stets versichert, die Notfallversorgung aufrecht zu erhalten. Das Thema Notfall beschäftige die Leute, ergänzt der Kantonsrat. Böhi lancierte 2019 eine Volksinitiative. Diese sollte dafür sorgen, dass an Orten, wo Spitäler schliessen, die Notfallversorgung gewährleistet bleibt. Sechs Monate später sei der konkrete Vorschlag der Regierung dem Kantonsrat unterbreitet worden. Aufgrund der Initiative habe die Regierung die Notfallversorgung per Gesetz verankern wollen, worauf Böhi die Initiative zurückzog. Ein Entscheid mit Folgen, wie sich später herausstellen sollte. Dass die Regierung auf Gesundheits- und Notfallzentren verzichten und diese Aufgabe, weil bedarfsgerecht, den Hausärzten überlassen möchte, hat Erwin Böhi zum Handeln bewegt. 

Ein Schlupfloch gefunden

«Im Gesetz ist es so formuliert, dass die Regierung wohl ein Schlupfloch gefunden hat. Mit meiner Motion möchte ich daher präzisieren, was ein GNZ genau ist. Die Regierung wird sich aber sehr wahrscheinlich auf ihre gemachte Aussage der bedarfsgerechten Notfallversorgung beziehen.» Gemäss Böhi soll ein GNZ die Notfallversorgung über die üblichen Sprechstundenzeiten hinaus verlängern. Es muss aber nicht zwingend rund um die Uhr offen sein. Behandelt werden sollen in erster Linie Bagatellnotfälle und die Notfallpatienten sollen unangemeldet das GNZ aufsuchen können. «In einigen Schweizer Städten gibt es sogenannte ?Permanences? für leichtere Notfälle. Diese sind gut frequentiert, da immer mehr Leute keinen Hausarzt mehr haben», sagt er. Die Gesundheits- und Notfallzentren seien zudem als Ergänzung zum Rettungsdienst (144) gedacht, der in lebensbedrohenden Situationen zum Zuge komme, so Böhi. Der Kantonsrat ist überzeugt, dass er mit seiner Motion nicht auf taube Ohren stösst, und er rechnet sich gute Chancen aus, dass mehrere Fraktionen sein Vorhaben unterstützen werden.

Von Andreas Lehmann

Berater
Foto Erwin Böhi

Erwin Böhi