Gutes Budget weckt Begehrlichkeiten: SVP-Parlamentarier fordert Steuersenkung

Wil: SVP fordert Steuersenkung nach gutem Budget 2024 (tagblatt.ch)

Michael Nittnaus, Wiler Zeitung

Für Pascal Stieger ist es höchste Zeit, dass Wil steuerlich attraktiver wird. Das optimistische Budget 2024 des Stadtrats ist für ihn eine Steilvorlage. Um 1,8 Millionen Franken will er die Bevölkerung entlasten.

Bis vor wenigen Tagen schwebte die Drohung einer Steuererhöhung wie ein Damoklesschwert über der Äbtestadt. Der Stadtrat hatte mehrfach angekündigt, den Steuerfuss per 2024 um fünf Prozentpunkte auf 123 Prozent erhöhen zu müssen, um eine finanzielle Schieflage Wils mittelfristig zu vermeiden. Seit Montag ist alles anders. Bei der Präsentation des Budgets 2024 zeichnete Stadtpräsident Hans Mäder plötzlich ein viel optimistischeres Bild. Im Finanzplan ist nun bis und mit 2028 keine Steuerfusserhöhung mehr vorgesehen.

Das ist Wasser auf die Mühlen jener politischen Kräfte, die schon länger den entgegengesetzten Weg einschlagen wollten. Bereits bei der Beratung der viel besser als budgetiert ausgefallenen Jahresrechnung 2022 vergangenen Mai forderte SVP-Stadtparlamentarier Pascal Stieger eine baldige Steuerfusssenkung. Auf Anfrage dieser Zeitung doppelt er nun nach: «Ich persönlich überlege mir, an der Budgetdebatte im Dezember eine Senkung des Steuerfusses um drei Prozentpunkte einzufordern.»

Auch FDP und Mitte sollen Forderung unterstützen

Diese Forderung sei zwar noch nicht mit seiner Fraktion abgesprochen. Doch Stieger hofft, dass die SVP auch FDP und Mitte mit ins Boot holen kann. Entsprechende Gespräche müssten noch geführt werden, doch für den Finanzexperten, der in der Steuerverwaltung des Kantons Thurgau arbeitet, spricht vieles für eine Steuersenkung: «Der Stadtrat erwartet für 2023 ja erneut statt eines Millionendefizits eine schwarze Null. Und der Finanzplan sieht bis 2028 eine stetige Verbesserung vor. Auch das für Ende 2024 budgetierte Eigenkapital ist mit 83 Millionen Franken gut ausgestattet.»

Senkt oder erhöht man den Steuerfuss um einen Prozentpunkt, so mache dies in Wil erfahrungsgemäss etwa 600’000 Franken aus. Die Steuermindereinnahmen von 1,8 Millionen Franken seien gut zu verkraften. Stieger: «Mit einem solchen Eigenkapital würden sogar ein paar Jahre mit Defiziten drinliegen.» Die Stadt solle der Bevölkerung, die es derzeit wegen der vielen Krisen nicht leicht habe, etwas zurückgeben. Einfach gerechnet würde sich so das Defizit des Budgets 2024 von zwei auf etwa vier Millionen Franken verdoppeln.

Hans Mäder hatte am Montag davon abgeraten, nun sofort ins Gegenteil zu verfallen und die Steuern zu senken. Er erinnerte daran, dass Wil den Steuerfuss erst 2018 und 2019 um insgesamt elf Prozentpunkte gesenkt habe. Für Stieger kein Argument: «Die umliegenden Gemeinden sind erst gerade jüngst mit den Steuern runter, nur Wil nicht. Wir haben dem Stadtrat schon länger vorgehalten, dass er zu pessimistisch budgetiert. Endlich nähert er sich langsam der Realität an.»

Entscheidet am Ende wieder das Volk an der Urne?

Steuerfachmann Stieger stützt die Prognose des Stadtrats, dass die Fiskalerträge in den kommenden Jahren steigen werden. Er geht etwa davon aus, dass die grosse Überbauung Neualtwil noch zahlreiche Neuzuzüger und damit Steuerzahler nach Wil locken wird. Hans Mäder mahnte an der Pressekonferenz aber, dass Wil trotz der guten Aussichten die geplanten Investitionen nicht selbst finanzieren könne.

Stieger hält dagegen: «Seit nunmehr gut 20 Jahren investiert die Stadt nie auch nur annähernd so viel, wie sie jeweils budgetiert. Natürlich: Sollte in den kommenden Jahren eine Grossinvestition etwa in die Schulbauten nötig werden, verschliesst sich auch die SVP nicht davor, den Steuerfuss wieder anzuheben. Aber sicher nicht jetzt.»

Stieger macht kein Geheimnis daraus, dass er sich auch eine Steuersenkung überlegt hätte, wenn der Stadtrat kein so gutes Budget präsentiert hätte. Doch nun sei der Fall umso klarer. Sollte das Stadtparlament es im Dezember anders sehen, so erinnert Stieger an eine andere Option: «In so einem Fall könnten wir das Ratsreferendum beantragen, damit die Wiler Bevölkerung – wie schon 2019 – an der Urne das letzte Wort hat.»

Mitglied Stadtparlament
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Pascal Stieger