SVP-Mann ärgert sich: Stadt Wil ruft Klimanotstand aus, vergibt aber gleichzeitig Kulturstipendium für Argentinien

https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/wil/wil-svp-mann-aergert-sich-stadt-wil-ruft-klimanotstand-aus-vergibt-aber-gleichzeitig-kulturstipendium-fuer-argentinien-ld.2511607

Lara Wüest, Wiler Zeitung

Für Andreas Hüssy von der SVP ist das Kulturstipendium in Buenos Aires nicht mit dem Klimanotstand vereinbar. Der Wiler Stadtrat sieht das anders, wie aus der Antwort auf eine Anfrage des Politikers hervorgeht.

Der Wiler SVP ist er schon länger ein Dorn im Auge: der Klimanotstand der Stadt. Nun sah der SVP-Stadtparlamentarier und Ortsparteipräsident Andreas Hüssy seine Chance gekommen, diesen durch einen parlamentarischen Vorstoss mit einer provokativen Frage wieder aufzuheben. Vorweg: Hüssys Plan ging nicht auf. Doch der Reihe nach.

Zu seinem Vorstoss veranlasst hat Hüssy ein Stipendium für ein Künstlerinnenatelier in Buenos Aires. Wil schreibt für 2024 zum ersten Mal ein solches aus, bis Ende Oktober können sich Künstlerinnen und Künstler mit Wirkungsort oder starkem Bezug zu Wil darauf bewerben. Die Städtekonferenz Kultur (SKK) stellt das Atelier zur Verfügung.

Stadt hält am Klimanotstand fest

Was Hüssy stört, ist nicht das Stipendium an sich. Sondern die «Inkonsequenz der Stadt». Er sagt, man könne nicht den Klimanotstand ausrufen und dann ein Stipendium auf der anderen Seite der Erde ausschreiben. Deshalb wollte er in seiner Anfrage an den Stadtrat im Juli wissen: «Ist der Stadtrat auch der Meinung, dass der Klimanotstand für die Stadt Wil aufgehoben werden kann, da nun die Stadt Flüge in alle Welt fördert?»

Der Stadtrat sieht das anders, er will nach wie vor erreichen, dass Wil bis 2050 klimaneutral wird. Das Stadtparlament hat dem vor vier Jahren zugestimmt. In der Antwort schreibt der Stadtrat: Man fördere weder Flüge in alle Welt, noch stelle man den Antrag, den Klimanotstand aufzuheben. Das Stipendium sei explizit dafür gedacht, die Aufenthaltskosten für die sechs Monate in Buenos Aires zu decken. Man erachte es als zweckkonform, wenn sich Schweizer Kunstschaffende mit den Besonderheiten eines fremden Kulturkreises auseinandersetzen würden.

Mit der Antwort nicht zufrieden

Der SVP-Politiker wollte ebenfalls wissen, ob es nicht angebrachter sei, die Ateliers in Belgrad oder Genua zu nutzen. Die SKK verfügt nämlich auch dort über Künstlerateliers. In der Antwort der Stadt heisst es: Diese Auslandateliers würden den Mitgliedsstädten turnusmässig durch die SKK zugeteilt. Die Stadt Wil habe im Jahr 2024 nur Gelegenheit, ein Stipendium für Buenos Aires auszuschreiben.

Und auf Hüssys Frage, welchen Nutzen die Steuerzahler durch die finanzierten Atelierplätze hätten, schreibt der Stadtrat: Das kulturelle Leben der Stadt profitiere von Kunstschaffenden, die in den Genuss solcher Stipendien gekommen seien. Etwa durch Ausstellungen der künstlerischen Werke. Abwasserkanäle und Strassen allein würden eine Stadt nicht lebenswert machen.

Zufrieden ist Hüssy mit diesen Antworten nicht. Er sagt: «Sie sind nichtssagend.» Den Hinweis über die Abwasserkanäle und Strassen findet er «deplatziert». Und eine Frage bleibt für ihn unbeantwortet. Nämlich jene, ob man nicht einfach auf den Atelierplatz in Buenos Aires hätte verzichten können, «ein Jahr aussetzen», wie er es nennt.

Für ihn ist deshalb klar: Auch wenn es ihm eigentlich nicht per se um das Stipendium geht, wird er weiter gegen dieses vorgehen: «Ich werde fordern, dass der Posten aus dem Budget gestrichen wird.»

Unterstützung aus ungewohnter Richtung

Was das Stipendium in Argentinien betrifft, erhält der SVPler für einmal Unterstützung aus ungewohnter Richtung. Guido Wick, Fraktionspräsident der Grünen Prowil, findet, es würden sich auch «fantastische Städte in vernünftiger Zugdistanz anbieten». Er sagt: «Unnötige Flugreisen entsprechen keinem angemessenen Verhalten.»

Von Hüssys Vorstoss hält Wick aber trotzdem nichts. Wenn jemand den Klimanotstand aufheben wolle, was einer Realitätsverweigerung entspreche, könne er dies nicht ernst nehmen, sagt der grüne Politiker.

Präsident SVP Stadt Wil Mitglied Stadtparlament Mitglied Geschäftsprüfungskommission
andreas-huessy

Andreas Hüssy