Wiler Stadträtin Ursula Egli redet Klartext: «Ich bin wohl selbst am besten in der Lage, zu beurteilen, ob man mir etwas vorwerfen kann oder nicht»

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Michael Nittnaus, Wiler Zeitung

Die SVP-Stadträtin begrüsst im Exklusivinterview, dass die Geschäftsprüfungskommission untersucht, was zur Kündigung der früheren Stadtplanerin Beatrice Aebi führte. Rechtlich gegen die Mobbing-Vorwürfe vorgehen will Ursula Egli aber nicht.

Die Vorwürfe, welche die Grünen Prowil Anfang Oktober in einem Vorstoss gegen die Wiler Stadträtin Ursula Egli erhoben, wiegen schwer: Die Vorsteherin des Departements für Bau, Umwelt und Verkehr (BUV) soll die frühere Leiterin der Wiler Stadtplanung, Beatrice Aebi, die Anfang Jahr kündigte, aus dem Amt gemobbt haben. Dies mit «ideologisch motivierten Störaktionen» wie der Verweigerung des ordentlichen Lohnstufenanstiegs oder indem sich Egli bei Schlüsselprojekten der Stadtplanung «entgegen jeglicher fachlicher Expertise» quergestellt habe. Auch soll Egli aktiv die Kündigung Aebis angestrebt haben.

Vergangene Woche erteilte das Stadtparlament der Geschäftsprüfungskommission (GPK) den Auftrag, die Vorwürfe zu untersuchen. Hatte Egli sie bisher lediglich kurz als Unterstellungen zurückgewiesen, nimmt sie nun ausführlich gegenüber dieser Zeitung Stellung. Das Interview wurde auf Ursula Eglis ausdrücklichen Wunsch hin schriftlich geführt.

Frau Egli, seit eineinhalb Monaten sehen Sie sich mit Mobbing-Vorwürfen konfrontiert. Auch Ihre Amtsführung wird kritisiert. Wie gehen Sie damit um?

Ursula Egli: Diese Vorwürfe haben mich tief getroffen, weil sie völlig ungerechtfertigt sind.

Losgetreten wurde alles durch einen Vorstoss von Guido Wick von den Grünen Prowil. Ihre Partei bezeichnet die Vorwürfe als blosse Politkampagne und Hexenjagd gegen Sie.

Das sehe ich ähnlich, denn offensichtlich ist es einigen Leuten nicht genehm, dass jetzt eine SVP-Frau Vorsteherin des BUV ist.

Guido Wick ist für forsche Angriffe und unbequeme Fragen bekannt, doch die Vergangenheit hat ihm schon des Öfteren recht gegeben. Lässt Sie das nicht unsicher werden?

Ich bin wohl selbst am besten in der Lage, zu beurteilen, ob man mir etwas vorwerfen kann oder nicht. Natürlich bin auch ich nicht fehlerfrei, aber ich versuche immer, meine Arbeit und mein Verhalten kritisch zu hinterfragen. Mein persönliches Umfeld unterstützt mich dabei aktiv und schont mich nicht.

Die ehemalige Stadtplanerin Beatrice Aebi meldete sich bisher nicht zu Wort. Haben Sie selbst schon das Gespräch gesucht?

Als die Medien von den Vorwürfen berichteten, habe ich das Gespräch mit ihr gesucht, weil ich wissen wollte, was passiert ist. Das Gespräch kam aber bisher nicht zustande – und jetzt, da die Angelegenheit auf die politische Ebene gehoben wurde, verzichte ich darauf.

Wenn Sie auf Ihre Zusammenarbeit mit Beatrice Aebi zurückblicken: Wie würden Sie Ihr Verhältnis zueinander beschreiben?

Konstruktiv, aber mit Meinungsverschiedenheiten über die Ausrichtung der Stadtplanung.

Dass Sie das Heu nicht auf derselben Bühne hatten, ist doch ein offenes Geheimnis.

Im BUV arbeiten insgesamt 34 Personen. Die politische Ausrichtung meiner Mitarbeitenden interessiert mich nicht und ist deren Privatsache. Was für mich zählt, sind der Einsatz für die Stadt und die Bereitschaft, gemeinsame Lösungen zu finden.

Was würden Sie rückblickend anders machen im Umgang mit Frau Aebi?

Ich muss zuerst einmal mit meiner Enttäuschung über die ungerechtfertigten Vorwürfe zurechtkommen, bevor ich mich mit dieser Frage beschäftigen kann. Dazu braucht es eine gewisse zeitliche Distanz.

Was sagen Sie dazu, dass Beatrice Aebi selbst gekündigt hat, ohne sich gegen das mutmassliche Mobbing zu wehren, mit der Ombudsstelle zu reden oder ein arbeitsrechtliches Verfahren einzuleiten?

Zu den Beweggründen von Frau Aebi kann ich nichts sagen.

So ein Verfahren ist für den Arbeitnehmer äusserst langwierig und belastend. Ist es da nicht verständlich, dass Frau Aebi es vorzog, einfach zu kündigen?

Auch das müsste Frau Aebi beantworten.

Wie gehen Sie grundsätzlich mit Mitarbeitenden um, die nicht derselben Meinung sind oder auch politisch anders denken als Sie?

Ich interessiere mich nicht für die politische Meinung meiner Mitarbeitenden und erwarte, dass dies auch untereinander so gehandhabt wird. Was zählt, ist ein gutes Arbeitsklima, damit das BUV seine Dienstleistungen für die Wiler Bevölkerung professionell abwickelt. Zum guten Arbeitsklima gehört auch eine Diskussionskultur, in der unterschiedliche Ansichten und Einschätzungen Platz haben – denn so kommt man oft zu den besten Lösungen.

Als was für ein Typ Chefin würden Sie sich selbst beschreiben?

Empathisch, zuhörend, aber auch fordernd und ab und zu etwas «hemdsärmelig».

Sie haben im Mai und an der letzten Parlamentssitzung vom 16. November die Vorwürfe als Unterstellungen zurückgewiesen. Wieso aber findet sich kein klares Dementi in der Stadtratsantwort auf die Interpellation Wick?

Durch die meisten Fragen waren Persönlichkeitsrechte von Drittpersonen tangiert, die der Stadtrat schützen muss.

So eine Nichtkommunikation verunsichert doch die Öffentlichkeit und ist ein Nährboden für die Vorwürfe.

Es handelt sich keineswegs um eine Nichtkommunikation, sondern es ist bekannt, dass die GPK die Angelegenheit prüfen und anschliessend Bericht erstatten wird.

Dass grosse Verunsicherung herrscht, zeigt ja die Tatsache, dass das Parlament mit grossem Mehr einer ausserordentlichen Untersuchung durch die GPK zustimmte. Wie sehen Sie dieser Untersuchung entgegen?

Ich begrüsse es, dass die GPK übernimmt. Ich hoffe, dass sie die Angelegenheit ganzheitlich prüft, das heisst von Beginn der Anstellung der Stadtplanerin bis zu ihrer Kündigung. Nur so wird sich ein Gesamtbild ergeben.

Was machen Sie konkret, um gegen die Anschuldigungen vorzugehen? Prüfen Sie rechtliche Schritte?

Selbstverständlich habe ich mich juristisch beraten lassen. In meiner öffentlichen Funktion als Stadträtin und damit als öffentliche Person muss ich leider Anschuldigungen akzeptieren. So ist die Politik.

Fühlen Sie sich von Ihrer Partei, der SVP, weiterhin getragen?

Oh ja, die Unterstützung meiner Parteikolleginnen und Parteikollegen ist mir eine grosse Stütze, auch mental. Die ganze Sache hat den SVP-internen Zusammenhalt noch gestärkt, denn auch meine Kollegen sind überzeugt, dass es bei der ganzen Sache vor allem darum geht, die SVP in ein schlechtes Licht zu rücken – im Hinblick auf die Wahlen nächstes Jahr.

Und wie erleben Sie die Stimmung in der Wiler Bevölkerung?

Ich habe zahlreiche unterstützende Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhalten, schriftlich und mündlich. Und auch als ich zum Beispiel am Jahrmarkt in der Stadt war, wurde ich mehrmals auf die Situation angesprochen.

Dass Sie und die SVP eine Untersuchung begrüssen, deutet darauf hin, dass Sie sich sehr sicher sind, dass dabei nichts gegen Sie hängen bleibt.

Man kann sich immer verbessern, deshalb begrüsse ich, dass die GPK die Angelegenheit prüft und die Sache nicht weiter als Spielball der Parteipolitik missbraucht wird. Ich vertraue auf die Arbeit der GPK. Sie hat ihre Unabhängigkeit bereits bewiesen, als sie die Angelegenheit der Finanzierung der E-City-App untersuchte und sich dabei nicht scheute, den Stadtpräsidenten zu kritisieren.

Sie haben bereits angekündigt, im Herbst 2024 zur Wiederwahl als Stadträtin antreten zu wollen. Glauben Sie, dass die aktuellen Vorwürfe die Wählerschaft beschäftigen – und könnte dies Ihre Wiederwahl gefährden?

Der Vorwurf des Mobbings ist eine Unterstellung und ich bin sicher, dass sich die Wählerinnen und Wähler daran erinnern werden, aus welchen politischen Lagern diese böswilligen Anschuldigungen gekommen sind.

Stadträtin
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Ursula Egli-Seliner